Praxisbericht über eine Wärmebildkamera bei der Jagd

Ich verzichte bewusst auf die theoretischen Grundlagen der Wärmebildtechnik. Wer das genau wissen will, muss im Internet nachlesen. Man muss nur soviel wissen, dass die Technik am besten funktioniert, je größer die Wärmeunterschiede zwischen den Objekten sind. In der Praxis werden Wärmebildkameras und Nachtsichtgeräte in einem Atemzug genannt. Beide Geräte dienen dazu, Dinge sichtbar zu machen, die man nicht mehr mit einem Fernglas oder mit dem bloßen Auge erkennen kann. Im Unterschied zum Nachtsichtgerät kann man die Wärmebildkamera auch am Tage einsetzen.

Wärmebildkamera 1
Warme und kalte Flächen werden unterschiedlich dargestellt. Bekannt ist die farbige Darstellung aus der Gebäudethermographie
Wärmebildkamera 2
Jagdlich ist der Schwarz/Weiss-Modus am besten, in der die warmen Oberflächen hell dargestellt werden.
Wärmebildkamera Katze
Die meisten Geräte lassen sich auch umstellen, so dass die warmen Gegenstände dunkel sind. Hier mal eine Katze mit einer kalten Nase und einem wärmen Kopf. Das ist aber jagdlich nicht sinnvoll, weil das viele helle Licht von den kalten Flächen das Auge blendet.

Nachfolgend noch einmal eine Ricke mit Kitz in den 4 verschiedenen Darstellungsmodi fotografiert.

Wärmebildkamera 1 Ricke
Wärmebildkamera 2 Ricke
Wärmebildkamera 3 Ricke
Wärmebildkamera 4 Ricke

Erst seit kurzer Zeit sind die Wärmebildkameras preislich erschwinglich. Früher musste man für ein solches Gerät so viel zahlen, wie für einen Kleinwagen. Die Technik ist angeblich deshalb billiger geworden, weil die Wärmebildtechnologie nun massenhaft in den Oberklassewagen als Wildwarner verbaut wird. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Inzwischen ist die Größe auch praktikabel. Bekannt sind sicherlich die Wärmebildaufnahmen aus Hubschraubern oder zur Überwachung von Grenzen. Die modernen Geräte sind inzwischen so groß wie ein Mobiltelefon oder 2 Schachteln Zigaretten übereinander.

Mit der abgebildeten Wärmebildkamera Ots30 und dem Objektivvorsatz kann man einen Menschen in einer Entfernung von über 1 km wahrnehmen.

Weil ich immer wieder nach einem seriösen Händler gefragt werde: Beziehen kann man diese Technik mit sehr guter persönlicher Beratung u.a. bei http://www.hubertiajagd.com

Wärmebildkamera

Nachfolgend einige Beispiele aus der Praxis. Es handelt sich um Aufnahmen, die am Tage gemacht wurden, bei ca. 20 Grad. Ich habe erst durch die Wärmebildkamera fotografiert und danach das gleiche Objekt noch einmal ohne Wärmebildkamera.

Generell ist zu beachten, dass es sich bei den hier gezeigten Fotos lediglich um Momentaufnahmen handelt. Im realen Einsatz sieht man das Wild durch die Wärmebildkamera in Bewegung. Man kann so aus der Bewegung und dem Verhalten weitere Rückschlüsse ziehen und vermuten, was es ist. Ansprechen kann man das Wild mit einer Wärmebildkamera nicht. Dass es sich bei den Bildern oben um eine Ricke mit Kitz handelt weiß ich nur, weil ich die Stücken eine Weile auch durch das Doppelglas beobachtet habe. Bei den Rotwildaufnahmen unten weiter kann ich auch nur auf Grund des Verhaltens vermuten, welches Stück der Hirsch ist. Ansprechen kann man ihn nicht. Das Geweih kann man nur andeutungsweise auf einer Entfernung bis 75 m erkennen.

Das Reh steht verdeckt durch leichte Gräser. Mit dem Fernglas ist es nicht zu erkennen.
Die Salzlecke ist 100m entfernt.
Irgendwann kam das Reh auch mal auf eine freie Fläche.
Der helle Fleck in der Mitte des Bildes ist ebenfalls ein Reh. Ich habe es dann später mit dem Doppelglas auf 250m entdeckt, als es abgesprungen ist.

Die Frage: Wie weit kann man durch Büsche sehen, bzw. wie weit kann man in den Mais oder in die Felder hineinsehen? Da sind doch enge Grenzen gesetzt. Wenn das warme Stück vollständig durch Blätter verdeckt ist, sieht man es nicht. Also die Idee, ein Maisfeld abzuleuchten, ob sich darin die Sauen befinden, geht nicht. Ebenso wenig ist eine Nachsuche oder eine Kitzsuche mit diesem Gerät sinnvoll. Wenn das Gras etwas höher ist, sieht man das liegende Stück nicht.

Wenn das Gras etwas höher ist, sieht man das liegende Stück nicht. Erst wenn man dicht dran ist. Aber dann macht es die Taschenlampe auch.
Die Ricke hatte sich ca. 20m neben der Kanzel niedergetan. Ich hätte sie nie bemerkt, weil ich dort gar nicht gesucht hätte, nachdem ich die Kanzel erklommen bin und die Fenster geöffnet hatte.

Nachfolgend 2 Fotos bei Nebel und in der Nacht mit einer Sichtweite von 10m am Mais, Außentemperatur ca. 10 Grad. Die Waffe hatte ich bereits eingepackt. Es wäre kein Schuss mehr möglich gewesen. Ich schätze, dass das Wildschwein und das Rehwild 80-100m entfernt waren.

Wärmebildkamera bei der Jagd
Wärmebildkamera bei der Jagd

Einschränkungen

Bei trüben Wetter und Regen lässt der Kontrast der Wärmebildkamera nach. Vermutlich weil die Temperaturunterschiede nicht mehr so groß sind und alles gleichmäßig ausgekühlt ist. Die Sonne erwärmt die Natur am Tage nicht. Dadurch hat alles die gleiche Temperatur. Durch die Wärmebildkamera hat man unter diesen Bedingungen keine Orientierung mehr, da die Bäume, Sträucher und Wege sich nicht mehr voneinander abheben. Durch die Wärmebildkamera sieht es aus, wie der berühmte Schneesturm in Alaska, gleichmäßig verrauscht, grau. Wild nimmt man natürlich als hellen Punkt wahr. Man weiß aber nicht, wo es sich befindet, weil die Orientierungspunkte fehlen und man nur die grobe Richtung hat.

Es stellt sich die Frage nach dem jagdlichen Nutzen.

Wenn ich früher auf der Jagd war und keinen Anblick hatte, dann lag es nicht daran, dass kein Wild da war, sondern ich hatte es einfach nicht entdeckt . Das ist mit der Wärmebildkamera nun anders. Der Wärmebildtechnik entgeht nichts. Man hat jetzt immer Anblick und dadurch wesentlich mehr Informationen.

Ein Beispiel: Wenn auf der Kirrung nur Frischlinge stehen, dann bin ich früher oft davon ausgegangen, dass diese alleine unterwegs sind. Die Bache im Schilf kann man mit normaler Optik nicht sehen und wenn diese sich still verhält, kann man sie auch nicht hören. Mit der Wärmebildkamera beobachte ich öfter, dass die Bache 20-30m abseits im Schilf steht und nicht auf die Kirrung geht. Ein sehr guter Indikator sind auch die Mäuse. Wenn diese plötzlich verschwinden, dann wechselt etwas an.

Natürlich ist man im Dunkeln geblendet, nachdem man durch die Wärmebildkamera gesehen hat. Das ist nicht anders, als mit dem Nachtsichtgerät.

Man kann das Wild eher bzw. überhaupt erst wahrnehmen und sich dann auf die Situation mit der normalen Optik einstellen. Das ist der eigentliche jagdliche Nutzen. Auf diese Art und Weise kann man natürlich mehr Strecke machen. Wenn das Revier leer geschossen ist, dann nutzt diese Technik auch nichts. Jeder muss selbst verantwortungsbewusst damit umgehen.

Ich habe mit der Wärmebildkamera festgestellt, dass die großen Keiler die Kanzeln weiträumig umgehen. Also habe ich mich an Stellen im Revier angesetzt, an denen die Keiler nicht mit einem Jäger gerechnet haben. Oder ich bin die Keiler auf dem Feld angelaufen, da ich ziemlich genau wusste, wo sie brechen. Auf einem 100 ha Schlag ist es reiner Zufall, wenn man ein Schwein mit der normalen Optik entdeckt. Selbst Nachtsichtgeräte reichen keinen Kilometer weit. Wenn ich aber mit der Wärmebildkamera auf 1 km sehe, wo die Schweine stehen, dann kann ich dichter ran bis ich mit der normalen Optik zurecht komme. Auf diese Art und Weise sind einige Bassen gefallen.

Jagd Schwarzwild Trophäen
Wärmebildkamera bei der Jagd
Auf dem nachfolgenden Bild sieht man Rotwild auf 200m aus dem Schilf auf eine gemähte Wiese anwechseln. Im Hintergrund ist noch eine Kanzel zu erkennen. Auf der Wiese liegen Strohballen. Ein Stück steht schon auf der Wiese. Vom Kalb in der Mitte ist nur das Haupt zu sehen. Ein großes Stück zieht hinterher.
Wärmebildkamera bei der Jagd
Als alle dann auf der Wiese waren sah das so aus. Die beiden Rehe, die sich ca. 80m von der Kanzel am vorderen Strohballen niedergetan haben, würde man ohne Wärmebildkamera nicht unbedingt wahrnehmen.

Alles andere ist Spielerei, Unterhaltung und Zeitvertreib. Wenn man das Wild nicht mit der normalen Optik erfassen kann, kann man es weder ansprechen noch erlegen.

Und falls jemand auf die Idee kommen sollte, für die „Auslandsjagd“ könne man diese Technik ähnlich wie Nachtsichtgeräte fest mit der Waffe verbinden oder vor bzw. hinter das Zielfernrohr montieren, das funktioniert nicht. Es gibt sicherlich für Sondereinsatzkommandos Wärmebildkameras mit Montagen. Die sind aber nur für kurze Distanzen in Räumen gedacht. Die Sache wäre vergleichbar, als wenn man einen normalen Camcorder mit einer Waffe verbinden würde und über den Monitor des Camcorders zielen würde. Technisch wäre das sicherlich umsetzbar. Es ist aber vermutlich für den jagdlichen Einsatz zu ungenau. In Deutschland ist das sowieso verboten.

Ich habe mit Hilfe der Wärmebildtechnik erstmals eine Waschbären- und Marderhundstrecke gemacht. Dieses Wild habe ich garantiert schon seit vielen Jahren im Revier. Bei meinen Schwarzwildansitzen habe ich es aber noch nie entdeckt, weil ich auf größere und laut anwechselnde Stücken aus war

Beispiel Marderhund:

Wärmebildkamera Jagd Marderhund
Wärmebildkamera Jagd Marderhund

Wenn ich mir selbst folgende Kontrollfrage beantworten sollte: „Wäre ich bereit, das Gerät gegen volle Kostenerstattung zurückzugeben?“, dann würde ich auch nach einiger Zeit der Nutzung sagen: „Nein“. Ich habe den Kauf nicht bereut und möchte die Wärmebildkamera bei der Jagd nicht mehr missen.

Mit den alten Jägern haben wir den Sinn und Unsinn der modernen Geräte auf der Jagd diskutiert, wobei eher den Unsinn des technischen Fortschritts. Auf die rhetorische Frage nach ihrem Gewehr antworteten einige voller Stolz: Doppelflinte ohne Glas mit Flintenlaufgeschoss. Bei Mond die Schiene mit Kreide markiert und so erlegen sie die Schweine, mindestens 2 Stück im Jahr. Ich habe an der Stelle aus Höflichkeit nicht nachgefragt, vor vielen Jahren das mit den 2 Schweinen war. Sie seinen doch keine Söldner oder Scharfschützen mit Zielfernrohr und Leuchtabsehen. Manchmal frage ich mich, ob es damals auch solche Diskussionen gab, als die Jagd von Pfeil und Bogen auf Feuerwaffen umgestellt wurde.

Es soll jeder das machen, was erlaubt ist und was er für waidgerecht hält. Die Generation Jäger, die die Jagd mit Flinten ohne Optik auf Schwarzwild als das einig waidgerechte empfinden, wird auch aussterben. Auch die Generation danach, die Zielfernrohre mit Leuchtabsehen als gerade noch so waidgerecht empfinden und sich aber z.B. über Wilduhren, Wildkameras, Sautelefone und Nachtsichtgeräte empören.

Es passt zwar nicht zur Jagd: Aber Anfang der 90er Jahre habe ich auf einer Messe mal einen Softwareanbieter gefragt, ob auch die Umstellung von DOS auf Windows geplant sei. Darauf habe ich als Antwort erhalten: „Nein. Warum wollen Sie denn durchs Fenster klettern. Wir öffnen Ihnen die Türen.“ Der technische Fortschritt bei der Jagd ist noch nicht am Ende und wird nicht aufzuhalten sein.