Um es vorweg zu nehmen: Es gibt aus meiner Sicht keine „perfekte Kanzel“, die für alle Reviere geeignet ist. Unter einer perfekten Kanzel verstehe ich eine wartungsarme, langlebige und sichere Kanzel, die den jeweiligen jagdlichen Erfordernissen entspricht.

Es gibt zahlreiche Literatur und Bauanleitungen zum Kanzelbau. Die Berufsgenossenschaft stellt in der Unfallverhütungsvorschrift (UVV) Jagd bauliche Anforderungen, die zu beachten sind.

Wenn man den Bau einer Kanzel plant, dann erscheinen diese vorgegebenen Bauanleitungen zu aufwendig und zu kompliziert. Häufig verfügt man nicht über die Materialien oder die Materialien sind für das eigene Revier ungeeignet. Daher entwickeln die meisten Jäger aus ihren gesammelten Erfahrungen die Konstruktion für ihre Kanzeln selbst.

Dieser Beitrag bezieht sich nur auf Überlegungen für den Bau geschlossener Kanzeln, bestehend aus einem Grundgestell, einem geschlossenen Kanzelaufbau mit Tür und Fenster und einer Leiter zum Podest.

Gut planen

Den ersten Kanzelbau habe ich als Jungjäger wie folgt miterlebt: Es darf nichts kosten, so billig wie möglich und nur gebrauchtes Holz verwenden oder schnell noch eine Stange im Wald schlagen. Viel Arbeit soll der Kanzelbau auch nicht machen. Ein Provisorium kann auch bis zum Abriss der Kanzel halten. Erst mal anfangen, mal sehen was rauskommt – verändern können wir die Kanzel immer noch. Eine Material- und Werkzeugliste brauchen wir nicht. Wir haben schon so viele Kanzeln gebaut und wissen wie das geht.

Ich brauche nicht zu erwähnen, dass diese Kanzeln nicht lange gehalten haben und jagdlich nicht immer erfolgreich waren. Der Bau stockte oft, weil irgendetwas fehlte. Es ging chaotisch zu und es gab beim Bau Verletzungen, bis hin zum Beinbruch und damit verbunden jede Menge Ärger mit der Berufsgenossenschaft.

Man spart am Ende, wenn man gut plant, das Material richtig aussucht und bei der Errichtung sorgfältig arbeitet. Ich habe nichts gegen gebrauchtes Holz. Es muss nicht immer neu sein. Dann muss das gebrauchte Holz aber entsprechend aufgearbeitet und gestrichen werden.

Bei der Planung von neuen Kanzelkonstruktionen habe ich auch schon einmal vorher ein Modell gebaut. Am Modell kann man doch noch einige Konstruktionsmängel erkennen und die Technologie für das Aufstellen testen. Das führte u.a. dazu, dass ich das Modell noch einmal auseinander gebaut habe und wieder verbessert aufgebaut habe.

Wartungsarm und langlebig

Wartungsarm ist eine Kanzel, wenn die Konstruktion so geschützt ist, dass im Laufe der Jahre nur wenige Teile gestrichen oder ausgewechselt werden müssen. Die größten Schwachpunkte einer Kanzel sind die Pfosten d.h. die Gründung im Erdreich und alle wagerechten Flächen, auf denen das Wasser stehen kann, z.B. das Podest.

Pfosten

Ich bin dazu übergegangen, die Kanzeln im Erdreich mit Pfostenschuhen in Beton zu gründen, d.h. die Pfosten stehen auf Eisen und haben zum Erdreich nach unten ca. 5 bis 10 cm Luft. Jeder Carport wird so gegründet und das Holz hält entsprechend lange. Gräbt man die Hölzer einfach ein, oder stellt man die Hölzer auf Beton, dann faulen die Pfosten unten irgendwann weg. Der Mehraufwand mit den Pfostenschuhen rechnet sich. Die Pfosten einer alten Kanzeln habe ich übrigens relativ einfach saniert, nachdem der Sturm Kyrill mehrere Kanzeln umgeknickt hat. Die Bruchstellen der Pfosten waren an der Übergangsstelle ins Erdreich. Ich habe bei der Sanierung an den 4 Pfosten der Kanzel in Höhe eines Wagenhebers zwei Hilfsbalken montiert. Dann habe ich die Leiter gelöst und die Kanzel mit Hilfe eines Wagenhebers ca. 5 cm angehoben. So habe ich die Pfosten im Erdreich gelockert. Dann habe ich den Pfosten genau über dem Erdreich durchtrennt und einen weiteren Schnitt ca. 10 cm über dem Erdreich gemacht. Den Klotz kann man rausziehen. Wenn man ein wenig seitlich gräbt, kann man ganz leicht die abgetrennten Pfosten aus dem Erdreich ziehen. Dann schraubt man verzinkte Pfostenschuhe an und betoniert diese ein. Der Zeitaufwand für diese Arbeiten mit 3 Mann pro Kanzel beträgt ein Vormittag.

Podest

Wagerechte Flächen vermeiden. Jedes Podest bietet dem Wasser Angriffspunkte. Das Wasser steht, bzw. läuft an den Kanzelwänden auf das Podest. Selbst ein leichtes Gefälle und Ritzen verhindern nicht, dass im Laufe der Jahre an diesen Stellen das Holz morsch wird.

Leitersprossen

Ich bin dazu übergegangen, Bretter statt Sprossen zu verwenden. Die Bretter sind stabiler. Lieber 3 Leitersprossen mehr einziehen, als eine zu wenig.

Leiterholme

Die Leiterholme müssen nicht breiter als 40 cm auseinander sein. Bei einer Breite von 40 cm kann man bequem mit beiden Füßen nebeneinander zwischen den Holmen stehen. Wenn die Leitersprossen dann 20 cm auf jeder Seite über Holme nach außen ragen, kann man dort bequem anfassen.

Oft sind Leitern zu beobachten, auf denen gleichzeitig 2 bis 3 Jäger nebeneinander zur Kanzel hochklettern können. Das ist jagdlich nicht unbedingt notwenig. Die Gefahr, dass die Leitersprossen in der Mitte bei Belastung brechen, ist hoch.

Kanzelverkleidung

Die Kanzelverkleidung sollte über die Podestkonstruktion ragen und diese vor der Witterung schützen. Immer wieder, auch bei im Handel angebotenen Kanzel, ist zu beobachten, dass die Unterkonstruktion völlig ungeschützt und frei der Witterung ausgesetzt ist. Man bräuchte die Kanzelverleidung nur 15 – 20 cm weiter nach unten verlängern und die Unterkonstruktion wäre geschützt.

Eine geschlossene Kanzel ist langlebiger als eine offene Kanzel. Der Aufwand, Fenster und Türen einzubauen lohnt sich in Bezug auf die Haltbarkeit auf jeden Fall.

Dach

Ein Dachüberstand schützt die Kanzel. Je weiter der Überstand, desto besser der Witterungsschutz. Die Grenze liegt in der Sturmangriffsfläche. Je größer der Überstand, desto mehr kann sich der Wind darunter setzen. Hier muss man einen Kompromiss finden. Ich habe die Dacheindeckung von Kanzeln mit Blech, Bitumplatten und Dachpappe genagelt auf Holz erlebt. Ein Argument für die Materialauswahl ist die Geräuschkulisse. Ich habe jagdlich keine Beeinträchtigung unter Blechdächern erlebt. Angenehmer sind Holzdächer.

Anstrich

Ich streiche alles Holz noch am Boden, vor dem Aufstellen der Kanzel. Nach der Errichtung der Kanzel streiche ich die Flächen nach, die noch angepasst werden mussten. Regelmäßig sollte der Anstrich kontrolliert werden. Der Wartungsaufwand ist geringer, als ein Neubau.

Kanzelhöhe

Die Kanzelhöhe muss den Revierbedingungen angepasst sein. Die Kanzeln sollte man daher nicht höher als nötig bauen. Es gibt Reviere, z.B. in den Bergen, da reicht ein ebenerdiger Ansitz. Dann gibt es Hochwildreviere, da müssen die Kanzeln z.B. 8m hoch sein.

Man sollte beachten, dass sich die Umgebung um die Kanzel verändert. Schilfkanten oder Buschwerk verändert sich im Laufe der Zeit. Bäume wachsen und nehmen die Sicht. Ich habe mal einen Kanzelstandort aufgegeben, weil die Bäume ringsum höher als die Kanzel wurden und der Wind in der Lichtung immer gekreiselt ist. Das passiert auch, wenn die Kanzel an der Waldkante oder Baumreihen steht, dass und Wind an der Kanzel hochgeht und unter der Baumkrone wieder nach unten verwirbelt wird.

Kanzelgröße

Meine Reviervorgänger waren kleinwüchsig, schlank und nur sind alleine auf die Jagd gegangen. Alle Altkanzeln waren für mich zu klein. Daher habe ich mich intensiv mit der Frage der optimalen Kanzelgröße befasst. Für mich wäre eine Kanzel mit den Innenmaßen 1,5m x 1,5m und einer Innenhöhe von 2m optimal. Bei einer solchen Kanzelgröße haben zwei Personen Platz und man kann zur Not auch diagonal in der Kanzel schlafen.

Aber, die Kanzelgröße hängt auch von den Revierbedingungen ab. Benötige ich eine Rundumsicht, dass ist eine Kanzel mit den Innenabmessungen (1,5m x 1,5m) nachteilig, weil man nicht den Nahbereich um die Kanzel überblicken kann, ohne die Sitzposition zu verändern. Hat man nur 2 Blickrichtungen, dann kann man sich entsprechend dicht an die Blickrichtungen setzen. Insoweit ist eine zu große Kanzel auch nicht immer gut. An einigen Standorten bei mir im Revier muss ich mit Kanzelmaßen 1,0m x 1,0m auskommen. Wir haben auch eine „Familienkanzel“ für 4 Personen mit 2,5m x 1,5m. Da habe ich aber nur eine Blickrichtung und sitze als Rechtsschütze immer links, weil ich so beide Arme auflegen kann.

Fenstergröße und Fensterhöhe

Jeder Pfosten für die Dachkonstruktion stört bei der Sicht und hindert beim Mitziehen. Verzichten kann man auf die Pfosten nicht. Sie sollten möglichst klein sein. Die Größe der Fenster hängt auch von den Revierbedingungen ab. Geteilte Fenster, d.h. zwei Klappen nebeneinander sind mitunter auch praktisch. Die Fensterhöhe hängt von der Größe des Schützen ab. Für mich ist eine Fensterbretthöhe von 90 cm und eine Fenstergröße von 45 cm optimal.

Fensteröffnung

Mittlerweile habe ich alle möglichen Varianten gesehen, wie die Kanzelfenster zu öffnen sind. Am gängigsten sind die Klappen oben nach außen und innen öffnend. Ich habe aber schon Klappen unten nach außen gesehen geöffnet wurden und damit ein breites Fensterbrett wurden.

Auch seitlich angebrachte Fenster habe ich schon gesehen wie Fensterladen. Dort passte diese Konstruktion, weil nur die Jagd in eine Richtung möglich war.

Klappt man nach Innen, kann man ein Platzproblem oder ein Problem mit der Reihenfolge beim Öffnen der einzelnen Seitenteile bekommen. Eine Abdichtung nach Außen ist im Bereich der unteren Fensterschenkel schwierig. Die Befestigung der Fenster Innen ist einfacher.

Klappt man die Fenster nach Außen, so kann man die Kanzel gegen Witterungseinflüsse besser abdichten. Allerdings muss man dann die Fenster mit einer Stütze hochhalten oder über einen Seilzug befestigen. Hier hat man die Möglichkeit, die Öffnung zu variieren und die Klappe bei Blendwirkung weiter runterzulassen.

Fenster aus Plexiglas sind zwar teuer bieten aber auch bei geschlossenen Fenstern infolge ungünstiger Witterung Sicht nach draußen. Eine billigere Alternative zum Vollfenster aus Plexiglas besteht darin, z.B. in Holzfenster kleine Sichtfenster aus Plexiglas einzubauen.

Kanzeltür

Für die Kanzeltür gilt das gleiche, wie für die Fenster. Wenn die Tür nach außen aufgeht bietet sie mehr Schutz gegen das Wetter. Geht die Tür nach innen auf, braucht man in der Kanzel den Platz (ggfs. mehreren Personen), um an der Tür vorbei zu kommen.

Ich habe auch mal einen Einstieg in die Kanzel von unten probiert. Somit stand die Leiter etwas geschützt unter der Kanzel. Die erwarteten Probleme mit dem geräuscharmen Betreten und Verlassen der Kanzel konnten gelöst werden. Es war eine ziemlich sportliche Einlage, die Kanzel mit Ausrüstung zu betreten und wieder zu verlassen. Diese Konstruktion hat sich für mich nicht bewährt.

Fensterbretter

Breite Fensterbretter rundum sind wichtig. An den Seiten, an denen ich keine Fenster habe, z.B. an der Tür habe ich Leisten in Fensterbretthöhe angeschraubt. So kann ich in alle Richtungen die Waffe vorne und hinten aufgelegen. Man kann allen Trödel auf dem Fensterbrett ablegen.

Sitzgelegenheit

Ich bin ein Gegner von Sitzbrettern sondern bevorzuge Stühle. Sitzbretter sind starr. Je besser man man beim Schuss die Sitzposition anpassen kann, desto besser kommt man ab. Ausgemusterte Bürodrehstühle halte ich für Kanzeln als besonders geeignet.

Innenverkleidung

Für die kalten Winteransitze und zur Minderung von Geräuschen sollten die Kanzeln innen mit Teppich verkleidet werden. Strittig ist immer die Frage, ob der Fußboden in der Kanzel ausgelegt werden sollte. Der Vorteil besteht darin, dass man den Fußboden so leichter reinigen kann, es leiser und wärmer ist. Der Nachteil – es kann sich Kondenswasser bilden und der Fußboden fault unter dem Teppich weg.

Waffenhalter

Es sollte in jeder Kanzel ein einfacher Waffenständer vorhanden sein, der verhindert, dass die Waffe in der Kanzel umkippt. Dazu reicht eine kleine Einkerbung im Fensterbrett und zwei Leisten auf dem Fußboden.